Forschungsstelle für Elektropathologie

Menschliche Perzeptionsschwelle in elektrischen Feldern der Hochspannungs-Gleich- und Wechselstrom-Übertragung

Die Energiewende in Deutschland sieht die Umstellung auf erneuerbare Energieträger vor. Ein Beispiel hierfür sind Offshore-Windparks im Norden Deutschlands, in denen große Mengen Energie für den gesamtdeutschen Raum produziert werden. Eine Herausforderung besteht darin, diese Energie verlustarm über große Distanzen in die Ballungsräume Mittel- und Süddeutschlands zu transportieren. Hierfür zum Einsatz kommen soll über weite Strecken die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). Sie kann als Erdkabel oder Freileitung neu installiert oder auf bestehende Masten zusätzlich zu vorhandenen Wechselstromleitungen aufmontiert werden. In diesem Zusammenhang entsteht die Frage, inwiefern Menschen in der Lage sind, elektrische Felder, wie sie unter oder in der Nähe dieser Freileitungen entstehen, wahrzunehmen.

Im Rahmen einer groß angelegten Studie mit über 200 Probandinnen und Probanden wurden Wahrnehmungsschwellen für elektrische Gleichfelder (DC) und elektrische Wechselfelder (AC), sowie der Einfluss von Ionenströmen und einer veränderten Luftfeuchtigkeit, bestimmt. Im Ergebnis zeigten sich Wahrnehmungsschwellen von 18,69 kV/m für Gleich- und 14,16 kV/m für Wechselfelder, sowie 6,76 kV/m DC + 4 kV/m AC für Hybridfelder, der Kombination aus Gleich- und Wechselfeldern. Die bessere Wahrnehmbarkeit von Hybridfeldern konnte in einer Folgestudie mit 50 Probandinnen und Probanden bestätigt werden. Es zeigte sich ein signifikanter Einfluss der Wechselstromkomponente auf die Wahrnehmungsschwellen. Eine bessere Wahrnehmbarkeit konnte auch bei Anwesenheit von Ionen, sowie bei hoher Luftfeuchtigkeit für Gleichfelder und bei niedriger Luftfeuchtigkeit für Wechselfelder ermittelt werden.

Durchgeführt werden die Forschungsprojekte in einem auf dem Gelände der Uniklinik Aachen speziell aufgebauten Expositionslabor. Hier können statische elektrische Felder bis 50 kV/m in Kombination mit Ionenströmen bis 550 nA/m² generiert werden. Wechselfelder können bis zu einer Stärke von 30 kV/m erzeugt und mit statischen elektrischen Feldern kombiniert werden (Hybridbedingung). Zusätzlich können in dem Expositionslabor die Temperatur zwischen 20°C und 25°C sowie die Luftfeuchtigkeit zwischen 30% und 70% gezielt variiert werden. Zur sicheren Durchführung der Versuche wurden zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen und Maßnahmen implementiert. Es ist außerdem sichergestellt, dass alle Versuche als Doppelblind-Studie ablaufen können.

Details zur Methodik und den Ergebnissen können in folgenden frei zugänglichen Publikationen nachgelesen werden:

Kursawe, M., Stunder, D., Krampert, T. et al.
Human detection thresholds of DC, AC, and hybrid electric fields: a double-blind study.
Environ Health 20, 92 (2021)
Kathrin Jankowiak, Sarah Driessen, Andrea Kaifie, Simon Kimpeler, Thomas Krampert, Thomas Kraus, Dominik Stunder, Michael Kursawe
Identification of Environmental and Experimental Factors Influencing Human Perception of DC and AC Electric Fields.
BIOELECTROMAGNETICS, Volume 42, Issue 5 (2021)

Ansprechpartner: Herr Dr. Michael Kursawe, Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit an der Uniklinik der RWTH Aachen